Eine Mitschrift wird in der Regel nicht immer perfekt sein, insbesondere wenn sie unter Zeitdruck entstanden ist oder Ihnen noch die entsprechende Übung fehlt. Nehmen Sie sich daher am besten direkt im Anschluss an die Präsenzveranstaltung die Zeit, um alles nochmal zu rekapitulieren und zu durchdenken. Nehmen Sie anhand Ihrer noch frischen Erinnerungen Ergänzungen und Korrekturen vor und gleichen Sie Ihre Aufzeichnungen mit der jeweiligen Lerneinheit und Ihren erstellten Lernskripten ab. Vielleicht fällt Ihnen ja noch das ein oder andere ein, oder Ihnen kommt eine zündende Idee oder ein neuer Aspekt in den Sinn, die oder der Ihr Verständnis der Lerninhalte bereichert oder präzisiert. 

Idealerweise verarbeiten Sie das Gelernte unmittelbar im Anschluss an die Präsenzveranstaltung, dann ist es noch frisch und kann am besten abgerufen werden. Unser Gedächtnis unterliegt nämlich dem Vergessen, und je mehr Zeit verstreicht, desto weniger bleibt im Gedächtnis hängen! Bereits um 1900 hat der deutsche Psychologe Hermann Ebbinghaus (1850 - 1909) in Selbstversuchen festgestellt, dass neue Lerninhalte unmittelbar am gleichen Tag am stärksten in Vergessenheit geraten (vgl. Stangl Werner 2021: Vergessen Gedächtnis Erinnern).

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Bereits nach einer Stunde beträgt die Behaltensleistung nur noch etwa 40 % des ursprünglich gelernten Wissens. Danach flacht die Vergessenskurve ab und es bleibt ein relativ konstante Be- haltensleistung bestehen. Die folgende Vergessenskurve soll dies verdeutlichen:

Setzen Sie die Verarbeitung und Wiederholung der Lerninhalte also möglichst zeitnah an, um ein übermäßiges Vergessen möglichst zu minimieren. Denn nur durch regelmäßige Wiederholung kann Ihre Behaltensleistung dauerhaft auf einem hohen Niveau gehalten werden. Beginnen Sie daher noch am gleichen Tag mit der ersten Wiederholung. Nach der ersten Wiederholung wird die Vergessenskurve nun etwas flacher abfallen. Setzten Sie Ihre weiteren Wiederholungen dann in immer größer werdenden zeitlichen Abständen an. Je mehr sich das Wissen von Wiederholung zu Wiederholung verfestigt, desto flacher wird die Vergessenskurve ausfallen und desto weniger Lernzeit werden Sie für Ihre Wiederholungen benötigen.

Neben frühzeitigen und regelmäßigen Wiederholungen spielen außerdem die Lerndauer und die Lernmenge für den Lernerfolg eine große Rolle. Allerdings ist die Annahme „Je länger ich lerne, desto mehr lerne ich auch“ dabei falsch. Zunehmende Lerndauer führt nur begrenzt zu zunehmendem Lernertrag. Bereits nach einer Stunde wird ein Lernplateau erreicht, sodass kein zusätzliches Wissen mehr aufgenommen werden kann. Ab einem gewissen Level bleibt die aufgenommene Lernmenge gleich. Danach sinkt das Leistungsniveau rapide ab und nähert sich nach ca. drei Stunden dem Nullpunkt. „Bei weiterem sinnlosen (Über-)Lernen kann unter Umständen sogar bereits verankertes Wissen verloren gehen.“ (Ott, B. 2007, S. 231). 

Wissensnetz weben

Mit der regelmäßigen Nachbereitung der Präsenzveranstaltungen haben Sie einen zeitnahen Wiederholungseffekt. Hier bringen Sie Ihre persönliche Vorbereitung anhand Ihrer Lernskripte und Notizen, mit den Mitschriften aus der Lehrveranstaltung zusammen. Damit weben Sie ein dichtes Wissensnetz und kommen so zu einem vertieften Verständnis der Lerninhalte.

Nutzen Sie z.B. das Mind-Mapping, um sich ein übersichtliches und einprägsames Gesamtbild der gelernten Inhalte zu machen. Überlegen Sie sich ggf. möglichst konkrete Beispiele und lösen Sie die Übungsaufgaben, die die Lehrenden Ihnen zur Verfügung stellen. Denn nur in der konkreten Anwendung wird Ihnen der Wissenstransfer in die Praxis gelingen.

Nachhaltige Prüfungsvorbereitung

Eine gut strukturierte und kontinuierliche Nachbereitung der Präsenzveranstaltungen verbessert nicht nur nachhaltig die Festigung des Lernstoffs. Sie ist zugleich auch ein wichtiger Schritt zur systematischen Prüfungsvorbereitung, da Sie hier die Inhalte und Materialien strukturiert aufbereiten, um sie für den Endspurt zur Prüfung parat zu haben. Dies spart Ihnen wertvolle Zeit vor den Prüfungsphasen am Semesterende! Berücksichtigen Sie dabei auch Hinweise der Lehrenden, welche Lehrinhalte prüfungsrelevant sind und welche nicht!